Wer schon mal nach Israel gereist ist, kennt es vielleicht: Sobald man mit Fremden ins Gespärch kommt, folgt direkt die Frage: Wieso Israel, bist du jüdisch? Wenn man darauf auch noch mit Nein antwortet folgt die große Überraschung: Was machst du dann hier?
Es gibt kein "allgemeines Interesse", aus dem man in dieses eine bestimmte Land reist, wie bei anderen Orten. Mit der Zeit werden diese Fragen auch immer anstrengender, einmal an der Flughafen-Kontrolle antwortete ich "mir gefällt einfach das Land" und zurück kam nur ein schnippisches "es gibt ja auch andere schöne Länder".
Was tu ich also hier, ohne irgendeine offensichtliche Verbindung zu diesem Ort?
Ja, es gibt auch noch woanders schöne Strände - nur wegen dem Strand bin ich eh nie hier her gekommen. Bevor ich für ein paar Jahre nach Berlin gezogen bin, hat mich die Stimmung der Menschen in Tel Aviv gepackt - aber was war mit dem Rest des Landes?
Die Direktheit der Menschen? Ich glaube nicht, ich bin doch sonst immer eine der Stillen, die mit Kopfhörern in ihrer eigenen kleinen Welt unterwegs ist, oder in ein Buch vertieft.
Bevor ich meinen Freund kennen gelernt habe und zu ihm gezogen bin, war ich unzählige Male in Israel im Urlaub, jede Landung und der Moment, in dem man den Ben Gurion Flughafen verlässt und einem die heiße Luft ins Gesicht schlägt hat sich immer nach "heim kommen" angefühlt. Trotz dem Sprachengewirr, überall Hebräische und Arabische Schrift, die ich nicht lesen konnte, hab ich mich immer wohl gefühlt, nie fremd oder verloren.
Wie erklärt man einem gebürtigen Israeli, der am liebsten nach Europa auswandern würde, dass man ausgerechnet als Deutsche einen Kloß im Hals bekommt, wenn die Hatikva, die Israelische Nationalhymne spielt oder wenn am Unabhängigkeitstag die Flugzeuge die Strandpromenade entlang fliegen und alle ihnen zujubeln?
Ich weiß nicht, woran es liegt, dass ich mich in Israel schon immer zuhause gefühlt hab. Auch bei vielen anderen Israel-Urlaubern beobachte ich, dass sie wieder hier her kommen wollen. Meine Freunde haben nie verstanden, wieso ich immer wieder im gleichen Land Urlaub mache.
Als ich meinen Freund hier kennen lernte, hatte ich zumindest eine Antwort auf die immer gleichen Fragen, niemand bohrte mehr nach - verliebt, ok, das ist ein passabler Grund. Dass ich trotzdem patriotischer bin, als ich es je für Deutschland sein könnte, kann ich verschweigen. Bald ist Yom Haatzmaut, der Unabhängigkeitstag und ich werde wieder diejenige von uns beiden sein, die die Israel-Flagge auf dem Balkon hisst.
Im Gegensatz dazu tut es manchmal richtig weh, wie verdächtig man behandelt wird, wenn man als Nichtjüdin eine so starke Verbindung zu diesem Land hat. Die strengen Befragungen am Flughafen und die vielen Jahre im Einbürgerungsprozess, die wir durchlaufen müssen - und bevor man einen Pass beantragen kann, braucht man einzig als Nichtjude auch ein gewisses Maß an Hebräisch-Kenntnissen.
Ein Rabbiner sagte mal zu mir, auch wenn man als Nichtjude geboren wird, hat man möglicherweise eine jüdische Seele und kann dann konvertieren. Das würde vielleicht meine Verbindung zu diesem kleinen Fleckchen Land erklären. Oder man spürt einfach, dass man am richtigen Ort ist, sodass man nie wieder woanders hin will.